Kriegspropaganda in ARD und ZDF

Pro­pa­gan­darück­schau Janu­ar 2023

Eine Recher­che in den Online-Archi­ven der Nach­rich­ten­re­dak­tio­nen von ARD und ZDF ergibt, dass die bei­den öffent­lich-recht­li­chen Medi­en die Bezeich­nung „Stell­ver­tre­ter­krieg“ für den bewaff­ne­ten Kon­flikt in der Ukrai­ne seit 2022 fast aus­schließ­lich nur noch im Kon­text von Aus­sa­gen rus­si­scher Regie­rungs­ver­tre­ter ver­wen­den. Gedeu­tet wer­den die­se Zita­te als Ver­such Russ­lands, die Schuld für die Eska­la­ti­on des seit 2014 in der Ukrai­ne tat­säch­lich statt­fin­den­den Stell­ver­tre­ter­krie­ges zwi­schen Russ­land und der Nato von sich abzu­wei­sen. Die kon­se­quen­te Anwen­dung die­ser Pro­pa­gan­da­tech­nik des Framings, also das Set­zen des Begriffs “Stell­ver­tre­ter­krieg” in einen neu­en Deu­tungs­rah­men, hat Aus­wir­kun­gen auf die öffent­li­che Mei­nung in Deutschland.

Der Krieg in der Ukrai­ne erfüllt alle Kri­te­ri­en eines klas­si­schen Stell­ver­tre­ter­krie­ges, wie er im Kal­ten Krieg zwi­schen den USA und ihren Ver­bün­de­ten auf der einen sowie der Sowjet­uni­on und ihren Ver­bün­de­ten auf der ande­ren Sei­te bei­spiels­wei­se in Viet­nam und Afgha­ni­stan geführt wurde.

Der Wiki­pe­dia-Bei­trag zu die­sem The­ma defi­niert einen Stell­ver­tre­ter­krieg wie folgt:
Als Stell­ver­tre­ter­krieg wird ein Krieg bezeich­net, in dem sich zwei oder mehr in Kon­flikt befind­li­che Groß­mäch­te nicht direkt mili­tä­risch aus­ein­an­der­set­zen, son­dern die­se mili­tä­ri­sche Aus­ein­an­der­set­zung in einem oder meh­re­ren Dritt­staa­ten aus­tra­gen. […] Der Stell­ver­tre­ter­krieg zeich­net sich dadurch aus, dass ein in den Dritt­staa­ten meist bereits bestehen­der Kon­flikt, Bür­ger­krieg oder Krieg zu den jeweils eige­nen Zwe­cken der invol­vier­ten Groß­mäch­te instru­men­ta­li­siert und, sofern die­ses noch nicht der Fall ist, zu einem mili­tä­ri­schen Kon­flikt aus­ge­wei­tet wird. Pri­mä­res Ziel der Groß­mäch­te im Stell­ver­tre­ter­krieg ist der Erhalt bzw. die Erwei­te­rung der jewei­li­gen Inter­es­sensphä­re auf Kos­ten der ande­ren Groß­mäch­te.
Die Kriegs­par­tei­en im Dritt­staat erhal­ten dabei direk­te oder indi­rek­te Unter­stüt­zung mit dem Ziel, der jeweils geför­der­ten Kriegs­par­tei zum Sieg zu ver­hel­fen. Die Unter­stüt­zung kann sowohl mili­tä­ri­scher (Mili­tär­hil­fe) als auch logis­ti­scher, finan­zi­el­ler oder ander­wei­ti­ger Natur sein. Durch einen Sieg der jewei­li­gen Kriegs­par­tei wird die Inter­es­sensphä­re der unter­stüt­zen­den Groß­macht aus­ge­wei­tet und gefes­tigt.
Die Maß­nah­men der betei­lig­ten Groß­mäch­te für ihre jewei­li­gen Stell­ver­tre­ter wer­den in zwei ver­schie­de­ne Arten unter­teilt:
Indi­rek­te Maß­nah­men
Die Stell­ver­tre­ter wer­den finan­zi­ell, mili­tä­risch (z.B. durch Mili­tär­be­ra­ter) oder ander­wei­tig unter­stützt.
Direk­te Maß­nah­men
Es erfolgt ein offi­zi­el­ler mili­tä­ri­scher Ein­griff durch Sol­da­ten min­des­tens einer betei­lig­ten Groß­macht.
Die Haupt­ur­sa­che für einen Stell­ver­tre­ter­krieg ist im All­ge­mei­nen der Umstand, dass die betei­lig­ten Groß­mäch­te eine direk­te mili­tä­ri­sche Kon­fron­ta­ti­on nicht wol­len. Die Grün­de hier­für kön­nen viel­schich­tig sein. Zum einen sol­len mög­li­che Eska­la­ti­ons­stu­fen zwi­schen den eigent­li­chen Kriegs­par­tei­en ver­mie­den wer­den. So hät­te bei­spiels­wei­se ein Krieg zwi­schen den USA und der UdSSR fast zwangs­läu­fig zu einem ato­ma­ren Krieg geführt. Die Stell­ver­tre­ter­krie­ge ermög­lich­ten dage­gen auch im Kal­ten Krieg die kon­trol­lier­te kon­ven­tio­nel­le Kriegs­füh­rung. Ande­rer­seits sind die Bevöl­ke­run­gen der betei­lig­ten Groß­mäch­te nicht die pri­mär Leid­tra­gen­den des Kon­flik­tes, son­dern haupt­säch­lich die Bevöl­ke­run­gen der Dritt­staa­ten, so dass sich die Betei­li­gung an einem Stell­ver­tre­ter­krieg gegen­über der eige­nen Bevöl­ke­rung leich­ter ver­ant­wor­ten oder geheim hal­ten lässt.“

Ein­stu­fung des Bür­ger­kriegs in der Ukrai­ne seit 2014 als Stellvertreterkrieg

Mit dem Ende der Sowjet­uni­on und der Unab­hän­gig­keit der Ukrai­ne im Jahr 1991 fand sich das Land an der Gren­ze zwei­er geo­po­li­ti­scher Ein­fluss­sphä­ren wie­der – der EU und der Nato-Staa­ten im Wes­ten und der Rus­si­schen Föde­ra­ti­on im Osten. Genau genom­men ver­läuft die Gren­ze durch die Ukrai­ne selbst. Im Wes­ten des Lan­des leben vor­nehm­lich ukrai­nisch-stäm­mi­ge Men­schen, wäh­rend im Süden und im Osten sowie auf der Krim der Anteil der rus­sisch-stäm­mi­gen Ein­woh­ner bei bis zu 75 Pro­zent liegt. Der Anteil der rus­sisch­spra­chi­gen Bevöl­ke­rung ist in die­sen Gebie­ten noch ein­mal deut­lich höher. Wäh­rend die Ver­ei­nig­ten Staa­ten und die Euro­päi­sche Uni­on die Mög­lich­keit sehen, ihr Ein­fluss­ge­biet Rich­tung Osten mit der Auf­nah­me der Ukrai­ne in die EU und die Nato zu erwei­tern, ver­sucht Russ­land dies mit aller Macht zu ver­hin­dern. Bei­de Sei­ten haben die­se wider­stre­ben­den Inter­es­sen stets öffent­lich bekundet.

Seit 2013 herrscht in der Ukrai­ne ein zuneh­mend gewalt­sa­mer Kon­flikt zwi­schen pro­rus­si­schen und pro­west­li­chen Kräf­ten. Die­ser hat­te sich ent­zün­det, als die ukrai­ni­sche Regie­rung auf Druck Russ­lands die Unter­zeich­nung eines Asso­zi­ie­rungs­ab­kom­men mit der Euro­päi­schen Uni­on aus­setz­te. 2014 gip­fel­ten die Pro­tes­te auf dem Mai­dan in Kiew in der Abset­zung des ukrai­ni­schen Prä­si­den­ten und der Bil­dung einer pro­west­li­chen Über­gangs­re­gie­rung, die fast zur Hälf­te aus Mit­glie­dern der rechts­ra­di­ka­len und radi­kal natio­na­lis­ti­schen ukrai­ni­schen Par­tei Swo­bo­da bestand. Russ­land reagier­te dar­auf mit der Ein­glie­de­rung der Krim in die Rus­si­sche Föde­ra­ti­on – ein Akt, der vom Wes­ten als völ­ker­rechts­wid­rig ange­se­hen wird. Ein wich­tigs­tes Motiv für das rus­si­sche Vor­ge­hen war die Erhal­tung des Haupt­stütz­punk­tes der rus­si­schen Schwarz­meer­flot­te der auf der Halbinsel.

Eine wei­te­re Fol­ge des Macht­wech­sels in Kiew waren Bestre­bun­gen der Regio­nen Donezk und Luhansk im Osten der Ukrai­ne, sich von der Ukrai­ne abzu­lö­sen. In die­sem Lan­des­teil, der auch Don­bas genannt wird, lebt der Groß­teil der nach der Ein­glie­de­rung der Krim in die Rus­si­sche Föde­ra­ti­on ver­blie­be­nen eth­ni­schen Rus­sen in der Ukrai­ne. Es ent­wi­ckel­te sich ein Bür­ger­krieg, in dem die Regie­rung in Kiew zunächst haupt­säch­lich von den USA, Frank­reich und Groß­bri­tan­ni­en mit Kre­di­ten, der Aus­bil­dung von Sol­da­ten und Waf­fen­lie­fe­run­gen unter­stützt wur­de, wäh­rend die Regio­nen Donezk und Luhansk Hil­fe von Russ­land erhielten.

In den krie­ge­ri­schen Aus­ein­an­der­set­zun­gen im Don­bas star­ben bis Ende 2021 cir­ca 14.000 Men­schen. Die Unter­stüt­zung der geg­ne­ri­schen Kon­flikt­par­tei­en im ukrai­ni­schen Bür­ger­krieg seit 2014 durch Nato-Staa­ten auf der einen sowie Russ­land auf der ande­ren Sei­te ist ein ein­deu­ti­ges Kri­te­ri­um für die Ein­stu­fung der bewaff­ne­ten Aus­ein­an­der­set­zun­gen in der Ukrai­ne als Stell­ver­tre­ter­krieg zwi­schen den USA mit ihren Ver­bün­de­ten und Russland.

In dem Wiki­pe­dia-Bei­trag „Stell­ver­tre­ter­krieg“ wird die Kate­go­ri­sie­rung des Kon­flikts in der Ukrai­ne als eine der­ar­ti­ge Aus­ein­an­der­set­zung jedoch als umstrit­ten dar­ge­stellt (Stand 20. Janu­ar 2023), da Russ­land im Febru­ar 2022 die Ukrai­ne in einem Angriffs­krieg über­fal­len habe. Das ein­sei­ti­ge direk­te mili­tä­ri­sche Ein­grei­fen in einen bestehen­den Stell­ver­tre­ter­krieg stellt jedoch kei­ne Sel­ten­heit dar. Wäh­rend sich im Viet­nam­krieg, dem ers­ten Stell­ver­tre­ter­krieg, der auch als ein sol­cher bezeich­net wur­de, die sowje­ti­sche und chi­ne­si­sche Sei­te auf die Belie­fe­rung der Nord­viet­na­me­sen mit Waf­fen und Aus­rüs­tung beschränk­te, nah­men die USA von 1965 bis 1973 selbst an den Kampf­hand­lun­gen an der Sei­te Süd­viet­nams teil. Zeit­wei­se befan­den sich über eine hal­be Mil­lio­nen US-Sol­da­ten in dem süd­ost­asia­ti­schen Land.

Im Grun­de wider­spricht die Dar­stel­lung in dem Wiki­pe­dia-Bei­trag, die Ein­stu­fung des Ukrai­ne-Kon­flikts als Stell­ver­tre­ter­krieg sei „umstrit­ten“, sowohl der weni­ge Absät­ze ober­halb ange­führ­ten Defi­ni­ti­on eines Stell­ver­tre­ter­krie­ges als auch den danach fol­gen­den Bei­spie­len. Ein Blick in die Ver­si­ons­ge­schich­te des Bei­trags zeigt, dass die­ser Abschnitt einer häu­fi­gen Ver­än­de­rung unter­zo­gen wur­de. Zum Teil fin­det man in eini­gen Ver­sio­nen eine ein­deu­ti­ge Ein­stu­fung des Kon­flikts in der Ukrai­ne als Stell­ver­tre­ter­krieg zwi­schen dem Wes­ten unter der Füh­rung der USA und Russland.

Es ist offen­sicht­lich, dass unter den Wiki­pe­dia-Autoren Unei­nig­keit hin­sicht­lich der Ein­ord­nung die­ses zeit­ge­schicht­li­chen geo­po­li­ti­schen Ereig­nis­ses herrscht. Ein Grund dafür könn­te dar­in lie­gen, dass ein­fluss­rei­che Medi­en wie die ARD und das ZDF den Begriff seit Beginn der direk­ten Betei­li­gung der rus­si­schen Armee an den Kampf­hand­lun­gen in der Ukrai­ne kon­se­quent im Kon­text rus­si­scher Pro­pa­gan­da darstellt.

Die Ver­wen­dung der Bezeich­nung „Stell­ver­tre­ter­krieg“ für den mili­tä­ri­schen Kon­flikt in der Ukrai­ne in ARD und ZDF

Obwohl die mili­tä­ri­schen Aus­ein­an­der­set­zung in der Ukrai­ne seit 2014 allen Kri­te­ri­en eines Stell­ver­tre­ter­krie­ges zwi­schen den USA und den ver­bün­de­ten Nato-Staa­ten auf der einen und Russ­land auf der ande­ren Sei­te ent­spre­chen, ver­mei­det die Redak­ti­on von ARD-aktu­ell expli­zit die eige­ne Ver­wen­dung die­ser Bezeich­nung. ARD-aktu­ell ist für die für die Nach­rich­ten­for­ma­te „Tages­schau“, „Tages­the­men“, „Nacht­ma­ga­zin“, „Tages­schau-Nach­rich­ten“ und „tagesschau.de“ verantwortlich.

Auf­fäl­lig ist, dass im Febru­ar 2015, im Zuge der Ver­hand­lung zum Mins­ker Abkom­men, in den Tages­the­men zwei Kom­men­ta­re gesen­det wur­den, in denen der Begriff „Stell­ver­tre­ter­krieg“ in sei­ner ursprüng­li­chen Bedeu­tung im Zusam­men­hang mit der Ukrai­ne ver­wen­det wur­de. In der Sen­dung vom 9. Febru­ar äußer­te der NDR-Jour­na­list Ste­fan Nie­mann ab Minu­te 9:
Die Kanz­le­rin [Ange­la Mer­kel] fürch­tet zu Recht einen eska­lie­ren­den Stell­ver­tre­ter­krieg zwi­schen Russ­land und den USA. Weit weg von Ame­ri­ka gewiss, aber mit­ten in Euro­pa – ein ana­chro­nis­ti­scher Alp­traum direkt vor unse­rer Haus­tür.“
Quel­le: Tages­the­men

In den Tages­the­men vom 11. Febru­ar kom­men­tier­te der WDR-Jour­na­list Geor­ge Rest­le ab Minu­te 17:
[Wenn Minsk schei­tert,] wür­den die Fal­ken den Kurs bestim­men, nicht nur in Mos­kau und Kiew, son­dern auch in Brüs­sel und Washing­ton. Dann droht er ganz offen, der Stell­ver­tre­ter­krieg zwi­schen Ost und West, geführt mit den Waf­fen der alten Welt­mäch­te auf dem Rücken einer Bevöl­ke­rung, die mit die­sem Krieg eigent­lich nichts zu tun hat.“
Quel­le: Tages­the­men

Zum dama­li­gen Zeit­punkt wur­de in den Kom­men­ta­ren der Tages­the­men noch offen vor einem dro­hen­den Stell­ver­tre­ter­krieg in der Ukrai­ne gewarnt. Nach­dem der Begriff über Jah­re in den Mel­dun­gen von ARD-aktu­ell nicht erneut auf­ge­taucht ist, kehrt er im April 2022 zurück, jedoch mit einer voll­kom­men ande­ren Kon­no­ta­ti­on. Zwi­schen­zeit­lich sind die Befürch­tun­gen der Kom­men­ta­to­ren in den Tages­the­men ein­ge­tre­ten und der Kon­flikt in der Ukrai­ne hat sich zu einem klas­si­schen Stell­ver­tre­ter­krieg ent­wi­ckelt, in den auch Deutsch­land invol­viert ist. Als Zita­te von rus­si­schen Regie­rungs­ver­tre­tern wird die Bezeich­nung „Stell­ver­tre­ter­krieg“ mitt­ler­wei­le jedoch fast aus­schließ­lich als Pro­pa­gan­da Russ­lands dar­ge­stellt, das damit die Schuld für den Krieg in der Ukrai­ne von sich wei­sen will.

Zu fin­den ist die­se Ein­ord­nung in den nach­fol­gen­den Quellen:

  • In dem Inter­view mit Gus­tav Gres­sel, Seni­or Poli­cy Fel­low beim Euro­pean Coun­cil On For­eign Rela­ti­ons in Ber­lin, vom 7. April 2022, behaup­tet der Poli­tik­be­ra­ter, Russ­land wür­de die Zie­le einer Groß­macht ver­fol­gen und mit der Sti­li­sie­rung des Begriffs „Stell­ver­tre­ter­krieg“ den USA die Schuld für den Krieg in der Ukrai­ne in die Schu­he schie­ben (Quel­le: Tages­schau). Das Euro­pean Coun­cil On For­eign Rela­ti­ons ist eine euro­päi­sche Denk­fa­brik zu außen­po­li­ti­schen The­men und ein Pen­dant der US-ame­ri­ka­ni­schen Denk­fa­brik Coun­cil on For­eign Relations.
  • In einem Bericht über die Oster­mär­sche vom 16. April 2022 mit dem Titel „Frie­dens­be­we­gung aus der Zeit gefal­len?“ wird der Stell­ver­tre­ter­krieg in der Ukrai­ne als Behaup­tung eines Frie­dens­ak­ti­vis­ten dar­ge­stellt (Quel­le: Tages­schau).
  • Ver­wen­dung des Begriffs „Stell­ver­tre­ter­krieg“ durch den rus­si­schen Außen­mi­nis­ter Law­row, mit der er die rus­si­schen Angrif­fe auf west­li­che Waf­fen­lie­fe­rung in der Ukrai­ne recht­fer­tigt, vom 26. April 2022 (Quel­le: Tages­schau).
  • Ver­weis auf die „ver­schärf­te Rhe­to­rik“ Law­rows vom ARD-Kor­re­spon­den­ten in den USA auf die Fra­ge, ob Deutsch­land und die USA durch die Waf­fen­lie­fe­run­gen an die Ukrai­ne nicht längst Kriegs­par­tei­en gewor­den sind, vom 27. April 2022. In sei­nen Äuße­run­gen bezeich­net der Kor­re­spon­dent die Ver­mei­dung der Teil­nah­me an direk­ten Kampf­hand­lun­gen durch die USA und ihren Ver­bün­de­ten als rote Linie und unter­stellt damit, dass sich der Wes­ten nicht in einem Stell­ver­tre­ter­krieg in der Ukrai­ne befin­det (Quel­le: Nacht­ma­ga­zin).
  • Bericht in der Tages­schau über die Pres­se­kon­fe­renz des US-Prä­si­den­ten Biden, in der die­ser den Vor­wurf Russ­lands, die Nato wür­de in der Ukrai­ne einen Stell­ver­tre­ter­krieg füh­ren, zurück­weist, vom 28. April 2022 (Quel­le: Tages­schau).
  • In dem Inter­view mit Ste­fan Meis­ter, Pro­gramm­lei­ter Inter­na­tio­na­le Ord­nung und Demo­kra­tie bei der Deut­schen Gesell­schaft für Aus­wär­ti­ge Poli­tik, vom 10. Mai 2022, bezeich­net der Poli­tik­be­ra­ter die Aus­sa­ge Putins, die USA und die Nato wür­den in der Ukrai­ne mit­hil­fe von ukrai­ni­schen Faschis­ten einen Stell­ver­tre­ter­krieg füh­ren, als absurd. Die Deut­sche Gesell­schaft für Aus­wär­ti­ge Poli­tik ist eine Denk­fa­brik und Able­ger der pri­va­ten US-ame­ri­ka­ni­schen Denk­fa­brik Coun­cil on For­eign Rela­ti­ons sowie der pri­va­ten bri­ti­schen Denk­fa­brik Chat­ham House (Quel­le: Tages­schau).
  • Mel­dun­gen über Aus­sa­gen des ehe­ma­li­gen rus­si­schen Prä­si­den­ten Med­we­dew, in denen die­ser den USA, der Nato und den west­li­chen Staa­ten einen Stell­ver­tre­ter­krieg mit Russ­land in der Ukrai­ne vor­wirft, vom 11. Mai (Quel­le: tagesschau.de) und 26. August 2022 (Quel­le: tagesschau.de).
  • Mel­dung über die Aus­sa­ge des Kreml-Spre­chers Pes­kow, die USA wür­den in der Ukrai­ne einen „indi­rek­ten Krieg“ mit Russ­land füh­ren sowie über die Aus­sa­ge des rus­si­schen Bot­schaf­ters in den USA Anto­now, die USA wür­den sich in der Ukrai­ne in einem Stell­ver­tre­ter­krieg mit Russ­land befin­den, vom 22. Dezem­ber 2022 (Quel­le: Tages­schau).

Auch in den Mel­dun­gen von ZDFheu­te wird die Bezeich­nung „Stell­ver­tre­ter­krieg“ fast aus­schließ­lich als rus­si­sche Pro­pa­gan­da dargestellt

In der Rubrik „ZDFheu­te“ fin­den sich nur weni­ge Mel­dun­gen und Aus­schnit­te aus Talk­run­den, in denen der Begriff „Stell­ver­tre­ter­krieg“ im Zusam­men­hang mit der Ukrai­ne genannt wird. In der Sen­dung „mayb­ritt ill­ner“ vom 5. Mai 2022 strei­tet Nico­le Dei­tel­hoff, Pro­fes­so­rin für Inter­na­tio­na­le Bezie­hun­gen und Theo­rien glo­ba­ler Ord­nungs­po­li­tik an der Goe­the-Uni­ver­si­tät Frank­furt am Main sowie Direk­to­rin der Hes­si­schen Stif­tung Frie­dens- und Kon­flikt­for­schung, ab, dass in der Ukrai­ne ein Stell­ver­tre­ter­krieg statt­fin­det und behaup­tet, dass die USA den Krieg in der Ukrai­ne nicht gewollt hät­ten (Quel­le: mayb­ritt ill­ner). Die­se Behaup­tung wider­spricht dem lang­jäh­ri­gen, teils aggres­si­ven Engan­ge­ment der USA in der Ukrai­ne. Da Dei­tel­hoff die­se Hin­ter­grün­de des Ukrai­ne-Kon­flikts ken­nen dürf­te, liegt der Ver­dacht nahe, dass sie in der ZDF-Sen­dung mit die­ser Äuße­rung das ers­te Gebot der Kriegs­pro­pa­gan­da laut der His­to­ri­ke­rin Anne Morel­li bedient und ein­sei­tig für die Posi­ti­on des Wes­tens wirbt. Die Hes­si­sche Stif­tung Frie­dens- und Kon­flikt­for­schung ist eine Denk­fa­brik des Bun­des­lands Hessen.

Im Mor­gen­ma­ga­zin vom 24. August 2022 äußert der ehe­ma­li­ge Vize­kanz­ler und jet­zi­ge Vor­sit­zen­de der Atlan­tik-Brü­cke Sig­mar Gabri­el die Befürch­tung, die Sicht­wei­se, es han­de­le sich bei dem Kon­flikt in der Ukrai­ne um einen Stell­ver­tre­ter­krieg, kön­ne sich im glo­ba­len Süden durch­set­zen. Dies könn­te dazu füh­ren, dass der Wes­ten die Aus­ein­an­der­set­zung um die Fra­ge, wer eigent­lich an dem Kon­flikt schuld sei, ver­liert (Quel­le: Mor­gen­ma­ga­zin). Die Atlan­tik-Brü­cke ist eine Eli­te-Orga­ni­sa­ti­on, die Lob­by­is­mus für die trans­at­lan­ti­sche Part­ner­schaft zwi­schen den USA und Deutsch­land betreibt.

In der Sen­dung „Mar­kus Lanz“ vom 3. Novem­ber 2022 behaup­tet der FDP-Poli­ti­ker Ger­hart Baum, beim Ukrai­ne-Kon­flikt han­de­le es sich nicht um einen Stell­ver­tre­ter­krieg zwi­schen Russ­land und den USA, son­dern um einen „Krieg zwi­schen denen, die das Völ­ker­recht ver­tei­di­gen und die Men­schen­rech­te, und denen, die es mit den Füßen tre­ten“ (Quel­le: Mar­kus Lanz). Damit wider­spricht er sich im Grun­de selbst, denn mit denen, die das Völ­ker­recht und die Men­schen­rech­te ver­tei­di­gen, meint er die Nato-Staa­ten inklu­si­ve der USA und mit denen, die es mit den Füßen tre­ten, Russ­land. Danach folgt mit der Aus­sa­ge, die Ukrai­ne ver­tei­di­ge auch „uns [und] unse­re Prin­zi­pi­en, mit dem Unter­schied, dass wir Waf­fen lie­fern, und die opfern ihr Leben“, eine exak­te Beschrei­bung für die Betei­li­gung Deutsch­lands an einem Stellvertreterkrieg.

Der ein­zi­ge Grund, war­um die wider­sprüch­li­che Argu­men­ta­ti­on Baums nicht sofort auf­fliegt, liegt dar­in, dass er eine pro­pa­gan­dis­ti­sche Ver­dre­hung ein­ge­baut hat. Die Ukrai­ner wür­den nicht für die geo­po­li­ti­schen Inter­es­sen der USA und der EU kämp­fen, son­dern für deren Wer­te, die sich an uni­ver­sel­len Prin­zi­pi­en wie den Men­schen­rech­ten und dem Völ­ker­recht ori­en­tie­ren. Sie kämpf­ten sozu­sa­gen für ein höhe­res, mora­lisch unan­fecht­ba­res Ziel, und nicht für die pro­fa­ne Erwei­te­rung des Ein­fluss­ge­bie­tes der­je­ni­gen, die ihnen die Waf­fen und finan­zi­el­le Unter­stüt­zung lie­fern – selbst­ver­ständ­lich voll­kom­men selbst­los und eben­so höhe­ren Moti­ven fol­gend. Auch die­se Tech­nik der Kriegs­pro­pa­gan­da fin­det sich in den Gebo­ten der His­to­ri­kern Morel­li wieder.

Mit die­sem ein­fa­chen Pro­pa­gan­da­trick, der sich spä­tes­tens seit dem Beginn der Betei­li­gung Deutsch­lands an dem Stell­ver­tre­ter­krieg in der Ukrai­ne in fast allen Nach­rich­ten­for­ma­ten der öffent­lich-recht­li­chen deut­schen Medi­en wie­der­fin­det, recht­fer­ti­gen die Eli­ten seit Men­schen­ge­den­ken ihre krie­ge­ri­schen Aus­ein­an­der­set­zun­gen gegen­über dem eige­nen Volk. Die­ses muss letzt­end­lich in allen Herr­schafts­for­men vom Krieg über­zeugt wer­den, da es stets für die gewalt­sam durch­ge­setz­ten Zie­le der Eli­ten Men­schen­le­ben und Wohl­stand opfern muss.

Mit dem glei­chen Argu­ment arbei­tet auch der ukrai­ni­sche Bot­schaf­ter Makeiev, wenn er von den Nato-Staa­ten mehr Waf­fen und Unter­stüt­zung für die Ukrai­ne for­dert und in die­sem Zusam­men­hang aus­drück­lich den Begriff „Stell­ver­tre­ter­krieg“ ver­wen­det. Russ­land füh­re nicht nur einen Krieg gegen die Ukrai­ne, son­dern gegen Euro­pa und die gan­ze zivi­li­sier­te, demo­kra­ti­sche Welt, so der Bot­schaf­ter in einer Mel­dung vom 15. Janu­ar 2023 (Quel­le: ZDFheu­te).

Zudem wird in der Mel­dung des ZDF die Aus­sa­ge des Bot­schaf­ters, deut­sche Waf­fen wür­den Leben ret­ten, unhin­ter­fragt und unkom­men­tiert wie­der­ge­ge­ben. Der­ar­ti­ge Äuße­run­gen erin­nern an orwell­sches Dop­pel­denk, denn kei­ne ein­zi­ge Waf­fe, die jemals gefer­tigt wur­de, weder in Deutsch­land noch anders­wo, hat­te zum Ziel, Leben zu ret­ten. Waf­fen wer­den auf dem Schlacht­feld ein­ge­setzt, um poli­ti­sche Inter­es­sen gegen­über einem Geg­ner gewalt­sam und auf Kos­ten von Men­schen­le­ben durchzusetzen.

Schluss­end­lich fin­det sich im Online-Archiv von ZDFheu­te nur ein ein­zi­ger Bei­trag, in dem der Kon­flikt in der Ukrai­ne als Stell­ver­tre­ter­krieg zwi­schen Russ­land und den USA dar­ge­stellt wird. Aller­dings steht die­se Aus­sa­ge nicht für sich, son­dern wur­de von der deut­schen Poli­tik­wis­sen­schaft­le­rin Ulri­ke Gué­rot im Rah­men eines Streit­ge­sprächs mit der FDP-Poli­ti­ke­rin, Vor­sit­zen­den des Ver­tei­di­gungs­aus­schus­ses des Bun­des­ta­ges und Nato-Lob­by­is­tin Marie-Agnes Strack-Zim­mer­mann in der Sen­dung „Mar­kus Lanz“ vom 2. Juni 2022 getä­tigt. Letz­te­re wider­sprach Gué­rot unter ande­rem mit Angrif­fen auf die Per­son (“Wir sind doch hier nicht in der Vor­le­sung an der Uni­ver­si­tät”) sowie mit Argu­men­ten auf emo­tio­na­ler Ebe­ne, in denen sie mehr Soli­da­ri­tät mit den Ukrai­nern for­dert. Angrif­fe auf die Per­son stel­len eine Pro­pa­gan­da­tech­nik dar, um die Mei­nung des Gesprächs­part­ners zu dis­kre­di­tie­ren und eine ech­te Dis­kus­si­on mit Argu­me­ten zu ver­mei­den. Zu wel­cher Sei­te die Redak­ti­on von ZDFheu­te selbst ten­diert, ist allein am Titel des Bei­tra­ges erkenn­bar: Strack-Zim­mer­mann: “Empa­thie wäre hilf­reich” (Quel­le: Mar­kus Lanz).

Aus­wir­kun­gen des Framings des Begriffs „Stell­ver­tre­ter­krieg“ als rus­si­sche Pro­pa­gan­da auf die öffent­li­che Meinung

Aus der Ver­si­ons­ge­schich­te des Wiki­pe­dia-Bei­trags „Stell­ver­tre­ter­krieg“ ist zu ent­neh­men, dass der Kon­flikt in der Ukrai­ne das ers­te Mal am 26. Febru­ar 2022 mit den Wor­ten „Die Ukrai­ne bekommt mili­tä­ri­sche Hil­fe in Form von Aus­rüs­tung von diver­sen euro­päi­schen Staa­ten, u.a. Frank­reich und den Nie­der­lan­den“ (Quel­le: Wiki­pe­dia) als Bei­spiel für einen Stell­ver­tre­ter­krieg genannt wur­de. Am 15. März 2022 erfolg­te eine Ände­rung der For­mu­lie­rung in:
Der rus­sisch-ukrai­ni­scher Kon­flikt begann im Febru­ar 2014 mit der Anne­xi­on der Krim durch Russ­land als Reak­ti­on auf den Euro­mai­dan und die dar­aus resul­tie­ren­de Hin­wen­dung der Ukrai­ne zur Euro­päi­schen Uni­on. Seit­dem wird die Ukrai­ne von den USA und dem Ver­ei­nig­ten König­reich mili­tä­risch unter­stützt.
Im Zuge des rus­si­schen Über­falls auf die Ukrai­ne 2022 bekommt die Ukrai­ne mili­tä­ri­sche Hil­fe in Form von Aus­rüs­tung und Waf­fen sei­tens diver­ser Staa­ten der Euro­päi­schen Uni­on und der NATO in deut­lich gestei­ger­tem Aus­maß. Ein akti­ves Ein­grei­fen in den Kon­flikt fin­det jedoch nicht statt.“
Quel­le: Wiki­pe­dia

Am sel­ben Tag wur­de die Text­stel­le in dem Bei­trag von dem Wiki­pe­dia-Admin „Stefan64“ mit dem Hin­weis, die Aus­sa­gen sei­en nicht belegt, wie­der gelöscht.

Am 26. April 2022, also fast zeit­gleich mit der Bewer­tung des Begriffs „Stell­ver­tre­ter­krieg“ als rus­si­sche Pro­pa­gan­da in der ARD erfolg­te dann der Ein­trag:
Es ist all­ge­mein umstrit­ten ob der Krieg zwi­schen Russ­land und der Ukrai­ne auch ins­ge­samt als ein Stell­ver­tre­ter­krieg bezeich­net wird.“
Quel­le: Wiki­pe­dia

Nach meh­re­ren Kom­plett­lö­schun­gen, Neu­for­mu­lie­run­gen und Ände­run­gen, wel­che die Mei­nungs­ver­schie­den­hei­ten der Wiki­pe­dia-Autoren und Admi­nis­tra­to­ren in die­ser Sache wider­spie­geln, lau­te­te die Text­stel­le ab dem 20. Janu­ar 2023:
Es ist umstrit­ten, ob der Rus­si­sche Über­fall auf die Ukrai­ne als ein Stell­ver­tre­ter­krieg zwi­schen Russ­land auf der einen Sei­te sowie den USA auf der ande­ren Sei­te bezeich­net wer­den kann.
Da die Ver­ei­nig­ten Staa­ten und deren west­li­che Ver­bün­de­te die Ukrai­ne logis­tisch, mili­tä­risch und finan­zi­ell mas­siv unter­stüt­zen, sei die Ukrai­ne der Stell­ver­tre­ter „des Wes­tens“ in die­sem Krieg, und es han­de­le sich um einen Stell­ver­tre­ter­krieg – so die Mei­nung eini­ger Jour­na­lis­ten. Ande­rer­seits sei die Ukrai­ne direkt ange­grif­fen wor­den, womit viel­mehr ein Angriffs­krieg der Groß­macht Russ­land vor­lie­ge. Russ­land selbst ver­su­che nun, über das poli­ti­sche Schlag­wort „Stell­ver­tre­ter­krieg“ die Kriegs­schuld von sich zu wei­sen, da in einem klas­si­schen Stell­ver­tre­ter­krieg die Kriegs­schuld bei den Hin­ter­män­nern des Stell­ver­tre­ters zu suchen sei.“
Quel­le: Wiki­pe­dia

Damit gibt die Text­stel­le exakt die Stand­punk­te der in Deutsch­land ein­fluss­rei­chen Medi­en ARD und ZDF wider. Auf­grund der häu­fi­gen Anpas­sun­gen und Löschun­gen der For­mu­lie­rung in dem Wiki­pe­dia-Bei­trag in der Ver­gan­gen­heit sind wei­te­re Ände­run­gen nicht nur aus­ge­schlos­sen, son­dern eher wahrscheinlich.

Ganz offen­sicht­lich exis­tiert ein inhalt­li­cher und zeit­li­cher Zusam­men­hang zwi­schen der Dar­stel­lung in ARD und ZDF, der Begriff „Stell­ver­tre­ter­krieg“ für den bewaff­ne­ten Kon­flikt in der Ukrai­ne sei ein Pro­pa­gan­da­mit­tel Russ­lands, und den Ände­run­gen der For­mu­lie­rung in dem betref­fen­den Wiki­pe­dia-Ein­trag. Es ist davon aus­zu­ge­hen, dass sich das Framing die­ser Bezeich­nung nicht nur auf die Sicht­wei­se der Wiki­pe­dia-Autoren aus­ge­wirkt hat, son­dern auch auf die öffent­li­che Mei­nung in Deutschland.

Wer ein­sei­tig zu einem Kon­flikt berich­tet und Par­tei bezieht, wird Teil des Konflikts

Die Nach­rich­ten­re­dak­tio­nen von ARD und ZDF haben mit der Set­zung des Begriffs „Stell­ver­tre­ter­krieg“ seit April 2022 in einem ande­ren Rah­men – näm­lich als Ver­such Russ­lands, sei­ne Schuld an der Eska­la­ti­on des Krie­ges in der Ukrai­ne von sich abzu­wei­sen – selbst eine Pro­pa­gan­da­tech­nik ange­wen­det und damit ganz offen­sicht­lich bewusst die öffent­li­che Mei­nung mani­pu­liert. Dies geschah einer­seits durch die Aus­wahl von Inter­view­part­nern zu die­sem The­ma, die größ­ten­teils trans­at­lan­ti­schen Lob­by­or­ga­ni­sa­tio­nen ange­hö­ren, sowie ande­rer­seits mit­hil­fe der fast aus­schließ­li­chen Ver­wen­dung des Begriffs in Zita­ten rus­si­scher Poli­ti­ker, Diplo­ma­ten und Poli­tik­ver­tre­ter. Der ein­zi­ge dar­ge­stell­te kri­ti­sche Stand­punkt zu die­ser Sicht­wei­se durch Ulri­ke Gué­rot in der Sen­dung „Mar­kus Lanz“ wur­de durch Gegen­mei­nun­gen auf der Stel­le abge­schwächt (sie­he Ana­ly­se der Sen­dung durch die Nach­Denk­Sei­ten).

Glei­cher­ma­ßen fin­det in die­sen Medi­en eine Ideo­lo­gi­sie­rung der Grün­de für die deut­sche Betei­li­gung an dem Stell­ver­tre­ter­krieg in der Ukrai­ne statt. Aus­sa­gen von Inter­view­gäs­ten, die Ukrai­ner kämpf­ten für uni­ver­sel­le abend­län­di­sche Wer­te und Prin­zi­pi­en gegen einen unmensch­li­chen, ja, bes­tia­li­schen Geg­ner, wer­den als kur­ze Video­aus­schnit­te expli­zit ver­öf­fent­licht und nicht kri­tisch hin­ter­fragt. Damit täu­schen ARD und ZDF über die tat­säch­li­che Moti­va­ti­on Deutsch­lands an der Kriegs­be­tei­li­gung in der Ukrai­ne hin­weg und ver­wen­den wei­te­re Pro­pa­gan­da­tech­ni­ken, um die öff­fent­li­che Mei­nung zu mani­pu­lie­ren. Jeder bewaff­ne­te Kon­flikt in der Geschich­te der Mensch­heit wur­de geführt, um das eige­ne Ein­fluss­ge­biet zu erhal­ten oder zu erwei­tern. Es ist höchst unwahr­schein­lich, dass zukünf­ti­ge His­to­ri­ker die Betei­li­gung Deutsch­lands an dem Stell­ver­tre­ter­krieg in der Ukrai­ne anders bewer­ten wer­den. Allen­falls der Druck des stär­ke­ren Bünd­nis­part­ners USA auf Deutsch­land könn­te noch in die Bewer­tung einfließen.

Die Bun­des­re­gie­rung und der Bun­des­tag haben mit den Ent­schei­dun­gen über die Lie­fe­rung von Waf­fen und Aus­rüs­tung sowie über die finan­zi­el­le Unter­stüt­zung der Ukrai­ne längst ent­schie­den, dass Deutsch­land an dem Stell­ver­tre­ter­krieg in der Ukrai­ne teil­nimmt. Einen Wäh­ler­auf­trag dafür gab es nicht, da sich kei­ne Par­tei der Ampel­ko­ali­ti­on in ihrem Wahl­pro­gramm zur Bun­des­tags­wahl 2021 dazu geäu­ßert hat, wel­che Posi­ti­on sie bei einer Eska­la­ti­on des bestehen­den Kon­flikts in der Ukrai­ne ein­neh­men wür­de. Die aktu­ell (Stand 20. Janu­ar 2022) nied­ri­gen Umfra­ge­wer­te für das Ver­trau­en in den Bun­des­kanz­ler (33 Pro­zent), die Bun­des­re­gie­rung (34 Pro­zent) und den Bun­des­tag (37 Pro­zent) las­sen ver­mu­ten, dass es für eine Kriegs­be­tei­li­gung auch nie­mals eine demo­kra­ti­sche Mehr­heit gege­ben hät­te (Quel­le: t‑online).

Mit der ein­sei­ti­gen, mani­pu­la­ti­ven und regie­rungs­un­kri­ti­schen Bericht­erstat­tung der Nach­rich­ten­re­dak­tio­nen der öffent­lich-recht­li­chen Medi­en haben auch die­se sich zum Teil des Stell­ver­tre­ter­kriegs gemacht. Wer ihnen unkri­tisch folgt, läuft Gefahr, Opfer von geziel­ter Mani­pu­la­ti­on sowie Kriegs­pro­pa­gan­da und damit selbst zum Teil des Kon­flikts zu wer­den. Dass ARD und ZDF die­sen Weg ein­ge­schla­gen haben, ist im Grun­de nicht ver­wun­der­lich, denn die Par­tei­en, die in den letz­ten Jahr­zehn­ten auf Lan­des- und Bun­des­ebe­ne die Regie­run­gen gestellt haben, üben auch den größ­ten Ein­fluss auf die Ent­schei­dungs­gre­mi­en die­ser Medi­en aus (Quel­le: Über­me­di­en).

Nur ein von den Nut­zern frei­wil­lig finan­zier­ter Jour­na­lis­mus, der nicht von poli­ti­schen Par­tei­en oder Inves­to­ren kon­trol­liert wird, hat im Prin­zip das Poten­ti­al einer neu­tra­len, (regierungs-)kritischen und wei­test­ge­hend unab­hän­gi­gen Bericht­erstat­tung. War­um dies so ist, stel­le ich in mei­nem Bei­trag „Der Weg aus der Zuschau­er­de­mo­kra­tie“ dar.

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