Wie man sich selber innerhalb von 2 Stunden geopolitisch und medial aufklärt — Ergebnisse und Fragen

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Zu 1) Wie hoch ist der Anteil von Erdöl und Erdgas am gesamten Energieverbrauch der USA:

Tabel­le 1: Pri­mä­re­en­er­gie­ver­brauch USA nach Energieträgern
Quel­le: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/42383/umfrage/usa—primaerenergieverbrauch-ausgewaehlter-brennstoffe-in-millionen-tonnen-oelaequivalent/

Wie aus der Tabel­le ersicht­lich ist, lag der Anteil von Erd­öl und Erd­gas am Gesamt­ener­gie­ver­brauch der USA in 2017 bei 69,32 %, Ten­denz auf­grund eines deut­lich höhe­ren Erd­öl­ver­brauchs steigend.

Zu 2) Wann haben die erneuerbaren Energien bei ihrer derzeitigen Wachstumsrate das Erdöl und das Erdgas in den USA ersetzt?

In den vier Jah­ren von Anfang 2014 bis Ende 2017 ist der Ver­brauch erneu­er­ba­rer Ener­gien um 35,8 Mil­lio­nen Ton­nen Öläqui­va­lent gestie­gen. Dies ent­spricht einer jähr­li­chen Stei­ge­rung von 8,95 Mio. t Öläqui­va­lent. Um den Ver­brauch von Erd­öl und Erd­gas von jähr­lich 1.549,1 Mio. t Öläqui­va­lent (Stand 2017) zu erset­zen, bedarf es auf den ers­ten Blick daher gan­ze 173 Jah­re, wenn der Gesamt­ver­brauch und die Stei­ge­rung der Erneu­er­ba­ren gleich bleiben.

Die­se Zahl muss noch revi­diert wer­den, da wir uns den Pri­mär­ener­gie­ver­brauch ange­se­hen haben. Die Pri­mär­ener­gie ist die­je­ni­ge Ener­gie, die z.B. in ein Strom­kraft­werk oder einen Ver­bren­nungs­mo­tor beim Auto ein­fließt. Der Wir­kungs­grad von Gas­kraft­wer­ken liegt jedoch bei nur 60 %. Die rest­li­chen 40 % ver­puf­fen als Abwär­me in die Umwelt. Der Wir­kungs­grad von Ver­bren­nungs­mo­to­ren beim Auto liegt bei nur 30–40 %, der von Elek­tro­mo­to­ren bei über 90 %. Obwohl der Wir­kungs­grad von erneu­er­ba­ren Ener­gien auch nicht sehr hoch ist (Pho­to­vol­ta­ik: 10–25 %, Wind­kraft: 16–57 %), wird ihr Wir­kungs­grad bei der Pri­mär­ener­gie mit 100 % ange­nom­men, da die Ener­gie­quel­le umsonst ist und nicht geför­dert wer­den muss. Das heißt, die erneu­er­ba­ren Ener­gien flie­ßen in die Berech­nung der Pri­mär­ener­gie bereits als End­ener­gie ein.

Daher müs­sen wir noch ein­mal eine gro­be Kor­rek­tur vor­neh­men: 60 % von 635,8 Mio. t Öläqui­va­lent beim Gas erge­ben 381,5 Mio. t Öläqui­va­lent End­ener­gie, und 35 % von 913,3 Mio. t Erd­öl erge­ben 319,7 Mio. t Öläqui­va­lent End­ener­gie. Sum­miert und durch eine jähr­li­che Stei­ge­rung von 8,95 Mio. t Öläqui­va­lent der erneu­er­ba­ren Ener­gien divi­diert erhal­ten wir eine Zeit von ca. 78 Jah­ren. Wenn die Stei­ge­rung der Erneu­er­ba­ren sowie der Gesamt­ver­brauch gleich blei­ben, liegt der Zeit­punkt bis zum Ersatz von Öl und Gas durch Erneu­er­ba­re frü­hes­tens bei 78 Jah­ren, vor­aus­ge­setzt, alle tech­ni­schen Pro­ble­me bei der Spei­che­rung erneu­er­ba­rer Ener­gien sind bis dahin gelöst.

Zu 3) Wann sind die Erdöl- und Erdgasreserven bei den derzeitigen Förderraten in den USA aufgebraucht?

Tabel­le 2: Erd­öl­för­der­län­der 2016 über 100 Mio. t jährlich
Quel­len: https://de.wikipedia.org/wiki/Erd%C3%B6l/Tabellen_und_Grafiken, http://graphics.wsj.com/oil-barrel-breakdown/


Tabel­le 3: Erd­gas­för­der­län­der 2016 über 100 Mrd. Kubik­me­tern jährlich
Quel­len: https://de.wikipedia.org/wiki/Erdgas/Tabellen_und_Grafiken, http://graphics.wsj.com/oil-barrel-breakdown/

Aus Tabel­le 1 und 2 kann man ent­neh­men, dass die USA deut­lich mehr Erd­öl ver­brau­chen, als sie sel­ber för­dern, obwohl sie eines der größ­ten Erd­öl­för­der­län­der der Welt sind. Das heißt, sie müs­sen bereits heu­te ein Drit­tel des von ihnen benö­tig­ten Erd­öls impor­tie­ren. Aus Tabel­le 1 und 3 kann man ent­neh­men, dass sie fast ihr gesam­tes, selbst geför­der­tes Erd­gas auch verbrauchen.

Divi­diert man nun die Reser­ven durch die jähr­li­che För­de­rung, dann gehen den USA spä­tes­tens 2027 das eige­ne Erd­öl und spä­tes­tens 2028 das eige­ne Erd­gas aus. Das heißt, spä­tes­tens 2028 sind die USA, der abso­lut größ­ter Erd­öl- und Erd­gas­ver­brau­cher der Welt, zu 100 % auf Impor­te von Erd­öl und Erd­gas ange­wie­sen, auf Basis derer sie heu­te fast 70 % ihres Ener­gie­ver­brauchs spei­sen. Die Abhän­gig­keit von Öl und Gas könn­te sich bis 2028 ein wenig durch den Aus­bau der Erneu­er­ba­ren redu­zie­ren. Sie könn­te jedoch auch auf­grund des Wirt­schafts­wachs­tum gleich blei­ben oder gar ansteigen.

Zu 4) In welchen Ländern befinden sich die größten Erdölreserven, die mit relativ geringen Kosten zu fördern sind?

Den Tabel­len 2 und 3 ist zu ent­neh­men, dass die För­der­kos­ten von Öl und Gas aus­ge­rech­net in der Regi­on, wo die Ver­ei­nig­ten Staa­ten eine mili­tä­ri­sche Neu­ord­nung vor­neh­men, beson­ders nied­rig sind, wäh­rend sie im Rest der Welt dop­pelt bis drei­fach so hoch sind.

Fazit

Es ist erstaun­lich, wie ein­fach und logisch nach­voll­zieh­bar die aktu­el­le und zukünf­tig ver­schärf­te Ener­gie­ab­hän­gig­keit der USA ihre Alli­an­zen mit fun­da­men­tal-isla­mis­ti­schen Dik­ta­tu­ren wie Sau­di-Ara­bi­en sowie ihre ver­gan­ge­nen, bestehen­den und dro­hen­den Kon­flik­te mit dem Irak, dem Iran und Vene­zue­la erklä­ren. Wenn die USA das Ziel ver­fol­gen, auch im 21. Jahr­hun­dert die ein­zi­ge Super­macht auf der Erde zu blei­ben, wor­an nie­mand zwei­felt, dann ist es abso­lut nach­voll­zieh­bar, dass sie sich die wich­tigs­ten Ener­gie­quel­len unse­rer Epo­che sichern, durch Alli­an­zen mit Dik­ta­tu­ren, Unter­stüt­zung von isla­mis­ti­schen Ter­ro­ris­ten, die sie anders­wo bekämp­fen, und not­falls auch mit roher mili­tä­ri­scher Gewalt. Vor die­sem Hin­ter­grund erscheint der Krieg gegen den Ter­ror in einem voll­kom­men ande­ren Licht.

Doch die­se Erkennt­nis wirft unan­ge­neh­me Fra­gen auf:

  • War­um kennt der Kon­su­ment von Leit- und Mas­sen­me­di­en wie ARD, ZDF, Spie­gel, Süd­deut­sche, Zeit, Bild etc. die­sen Hin­ter­grund in der Regel nicht oder zumin­dest die Zah­len zu die­sem Hin­ter­grund nicht? Soll­te die Bericht­erstat­tung in die­sen Medi­en nicht so aus­ge­wo­gen sein, dass der Kon­su­ment sich auf Basis der Fak­ten ein eige­nes und neu­tra­les Bild machen kann?
  • Wie ist die Hal­tung der USA gegen­über Russ­land und Chi­na zu bewer­ten, die regel­mä­ßig gegen UN-Reso­lu­tio­nen, wel­che die Angriffs­krie­ge der Ver­ei­nig­ten Staa­ten recht­fer­ti­gen sol­len, ihr Veto ein­le­gen? Müs­sen die USA die­se Län­der nicht mora­lisch dis­kre­di­tie­ren, um den Bruch des Völ­ker­rechts vor ihrer eige­nen sowie der Welt­be­völ­ke­rung zu rechtfertigen?
  • Die US-Regie­rung hat­te ein immenses Inter­es­se dar­an, ihre geo­po­li­ti­schen Inter­es­sen im Vor­feld ihrer Völ­ker­rechts­brü­che vor ihrer eige­nen Bevöl­ke­rung ideo­lo­gisch und mora­lisch zu kaschie­ren. Eine mili­tä­ri­sche Neu­ord­nung des Nahen und Mitt­le­ren Ostens mit Mil­lio­nen von zivi­len Opfern zur Siche­rung der dor­ti­gen Ölre­ser­ven hät­te nicht in das huma­nis­ti­sche Selbst­bild der west­li­chen Indus­trie­na­tio­nen gepasst und wäre in der eige­nen Bevöl­ke­rung sowie bei ver­bün­de­ten Staa­ten auf gro­ßen Wider­stand gesto­ßen. Ist es daher nicht ange­bracht, den Aus­lö­ser des Krie­ges gegen den Ter­ror, die Anschlä­ge vom 11. Sep­tem­ber 2001 in New York und Washing­ton, genau­er zu unter­su­chen, anstatt jeden Zwei­fel am zuge­hö­ri­gen Abschluss­be­richt der US-Regie­rung in das Land Alu­hut-tra­gen­der Ver­schwö­rungs­theo­re­ti­ker zu verbannen?

Wer es wagt, die­se Fra­gen auf Basis der vor­lie­gen­den Fak­ten zu beant­wor­ten, hat einen gro­ßen Schritt zur geo­po­li­ti­schen und media­len Selbst­auf­klä­rung gemacht.