Vorverurteilungen in der taz — wie Meinungen zu Fakten deklariert werden

Anhand eines unlängst in der taz erschie­nen Bei­trags über das ver­meint­lich ver­fas­sungs­wid­ri­ge Ver­hal­ten des Münch­ner Kom­mu­ni­ka­ti­ons­wis­sen­schaft­lers Micha­el Mey­en wird deut­lich, wie die bis­her eta­blier­ten Medi­en mit Tat­sa­chen­be­haup­tun­gen die öffent­li­che Mei­nung mani­pu­lie­ren. Statt boden­stän­di­ger Recher­che und einer Ori­en­tie­rung an den Tat­sa­chen fin­den sich in dem Arti­kel des Autors Patrick Guy­ton offen­sicht­li­che Falsch­in­for­ma­tio­nen und nicht beleg­te Vorverurteilungen.

Der in der taz erschie­ne­ne Bei­trag „Ver­fas­sungs­schutz prüft LMU-Pro­fes­sor: Völ­lig los­ge­löst“ zeigt in mehr­fa­cher Hin­sicht, dass „Die Tages­zei­tung“, kurz taz, nicht das exklu­si­ve sys­tem­kri­ti­sche Medi­um ist, das sie vor­gibt zu sein. Denn dann wür­de sie die Bei­trä­ge von Micha­el Mey­en abdru­cken, und nicht die von Patrick Guy­ton. Das wird letzt­end­lich auch dadurch deut­lich, dass Guy­ton sei­nen Arti­kel nicht nur an die taz ver­kauft hat, son­dern über das Redak­ti­ons­netz­werk Deutsch­land (rnd) gleich an eine gan­ze Rei­he von loka­len Tages­zei­tun­gen. Zudem ist der Inhalt sei­nes Bei­trags nicht sys­tem­kri­tisch, son­dern sys­tem­kon­form und ver­stößt gegen ethi­sche Stan­dards für den Journalismus.

Der Autor und für wen er schreibt

Patrick Guy­ton ist laut Autoren­pro­fil der Badi­schen Zei­tung gelern­ter Jour­na­list, ehe­ma­li­ger Redak­teur bei der Ulmer Süd­west Pres­se und seit 2010 Bay­ern-Kor­re­spon­dent, unter ande­rem für die Badi­sche Zei­tung, die Süd­west Pres­se und die taz. Seit 2020 schreibt er als Münch­ner Kor­re­spon­dent für das rnd, die Redak­ti­on für über­re­gio­na­le Inhal­te der Ver­lags­ge­sell­schaft Madsack GmbH & Co. KG. Wei­te­re Bei­trä­ge von ihm fin­det man unter ande­rem in der Zeit, im Tages­spie­gel, im Cice­ro und im Hell­we­ger Anzei­ger.

Sein taz-Bei­trag über Pro­fes­sor Mey­en von der Uni­ver­si­tät Mün­chen fin­det sich mit fast iden­ti­schem Inhalt auf der Sei­te des rnd wie­der. Auf­grund der vie­len Abneh­mer des Netz­wer­kes kann man den Arti­kel dann auch in der Sie­ge­ner Zei­tung, im Köl­ner Stadt­an­zei­ger, in den Lübe­cker Nach­rich­ten, in der Frank­fur­ter Rund­schau und in der Zei­tung Die Har­ke lesen. Ob sich die Inhal­te in den ent­spre­chen­den Print­me­di­en und bei wei­te­ren Abneh­mern des rnd wie­der­fin­den, habe ich nicht über­prüft. Doch auch so ist die Ver­brei­tung des Arti­kels beachtlich.

Ent­we­der gelingt es Guy­ton, sei­ne Bei­trä­ge mehr­fach an ver­schie­de­ne Zei­tun­gen zu ver­kau­fen, oder die taz bezieht Nach­rich­ten vom rnd. Wie her­um auch immer, exklu­siv wird der taz-Arti­kel dadurch nicht. Im Gegen­teil, die als grün-links, links­al­ter­na­tiv und sys­tem­kri­tisch wahr­ge­nom­me­ne Tages­zei­tung beweist damit ein­mal mehr, dass sie die­sen Attri­bu­ten nicht (mehr) gerecht wird, son­dern nur ein wei­te­rer Ver­triebs­ka­nal über­re­gio­na­ler, von Nach­rich­ten­agen­tu­ren bereit­ge­stell­ter Bei­trä­ge ist.

Vorverurteilung anstatt sorgfältiger Recherche

Da der Arti­kel von Patrick Guy­ton nicht als Kom­men­tar gekenn­zeich­net, son­dern als Infor­ma­ti­ons­text auf­ge­macht ist, soll­te er nach jour­na­lis­ti­schen Stan­dards nicht bewer­ten, son­dern tat­sa­chen­be­tont sein und vom so genann­ten Nach­rich­ten­wert leben. Im Grun­de lässt sich der Nach­rich­ten­wert von Guy­tons Arti­kel, so wie er in der taz ver­öf­fent­licht ist, in zwei kur­zen Sät­zen zusammenfassen:

Pro­fes­sor Micha­el Mey­en von der Münch­ner Lud­wig-Maxi­mi­li­ans-Uni­ver­si­tät (LMU) ist Mit­her­aus­ge­ber der Zei­tung „Demo­kra­ti­scher Wider­stand“ gewor­den. Dar­auf­hin hat die Uni­ver­si­tät den bay­ri­schen Ver­fas­sungs­schutz ein­ge­schal­tet, um zu über­prü­fen, ob Mey­ens Ver­hal­ten recht­li­che, ins­be­son­de­re auch straf­recht­li­che Rele­vanz hat.

Doch laut einer Mul­ti­po­lar-Recher­che ist die­se Nach­richt offen­bar falsch. Nach Aus­sa­ge von Micha­el Mey­en habe der LMU-Prä­si­dent beim Ver­fas­sungs­schutz anfra­gen las­sen, ob gegen den Demo­kra­ti­schen Wider­stand etwas vor­lie­ge. Soll­te dies der Fall sein, wür­de er Mey­en die Her­aus­ge­ber­schaft ver­bie­ten. Mey­en selbst habe sei­ne Rol­le beim Demo­kra­ti­schen Wider­stand auch nicht als Her­aus­ge­ber auf­ge­fasst, son­dern als Bera­ter. Von sei­ner Rol­le als Her­aus­ge­ber habe er sich am 6. April distanziert.

Um den tat­säch­li­chen Nach­rich­ten­wert der Mel­dung geht es Guy­ton jedoch gar nicht. Statt­des­sen wird anhand kon­stru­ier­ter Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen, der Ver­wen­dung von belei­di­gen­den Begrif­fen wie „Quer­den­ker“, „Coro­na­leug­ner“, „Ver­schwö­rungs­gläu­bi­ge“, „Sze­ne­sumpf“ sowie der nicht beleg­ten Behaup­tung, der „Sze­ne­sumpf“ sei für „Rechts­po­pu­lis­ten und Nazis“ offen, deut­lich, dass Guy­ton in sei­nem Bei­trag vor­der­grün­dig bewer­tet und sei­ne Mei­nung ver­kün­det, anstatt sich an Tat­sa­chen zu hal­ten. Das ist zwar durch die Mei­nungs­frei­heit gedeckt, hin­sicht­lich der in Zif­fer 2 des Pres­se­ko­dex ver­an­ker­ten Sorg­falts­pflicht bei der Ver­öf­fent­li­chung von Infor­ma­ti­ons­tex­ten jedoch bedenklich.

Noch schwie­ri­ger wird es, wenn man die Inten­ti­on der Wir­kung des Bei­tra­ges auf des­sen Kon­su­men­ten genau­er betrach­tet. Denn dabei wird deut­lich, dass nicht nur Micha­el Mey­en, son­dern auch die Zei­tung Demo­kra­ti­scher Wider­stand, ihre bei­den Her­aus­ge­ber Anselm Lenz und Hen­drik Soden­kamp, deren Leser, das Inter­net­ma­ga­zin Mul­ti­po­lar, des­sen Mit­her­aus­ge­ber Ste­fan Korinth, des­sen Leser und der Schwei­zer His­to­ri­ker Danie­le Gan­ser als ver­fas­sungs­recht­lich bedenk­lich vor­ver­ur­teilt wer­den sol­len. Damit ver­letzt Guy­ton im Grun­de die in Zif­fer 1 des Pres­se­ko­dex fest­ge­leg­ten obers­ten Gebo­te der Pres­se: die Ach­tung vor der Wahr­heit, die Wah­rung der Men­schen­wür­de und die wahr­haf­ti­ge Unter­rich­tung der Öffentlichkeit.

Ob der Deut­sche Pres­se­rat, der die Ein­hal­tung des Pres­se­ko­dex über­wacht, bei einer ent­spre­chen­den Beschwer­de zu einer ähn­li­chen Ein­schät­zung gelan­gen wür­de, ist jedoch unge­wiss. Denn das 28-köp­fi­ge Ple­num des Pres­se­rats, das sich mit der Besei­ti­gung von Miss­stän­den im Pres­se­we­sen befasst, setzt sich zu jeweils einem Vier­tel aus Mit­glie­dern des Bun­des­ver­bands Digi­tal­pu­blisher und Zei­tungs­ver­le­ger (BDZV), des Ver­bands Deut­scher Zeit­schrif­ten­ver­le­ger (VDZ), dem Deut­schen Jour­na­lis­ten-Ver­band (DJV) und der Deut­schen Jour­na­lis­tin­nen- und Jour­na­lis­ten-Uni­on (dju) zusam­men. Kon­kret heißt das: Das Ple­num setzt sich zur Hälf­te aus Ver­le­gern und zur ande­ren Hälf­te aus Jour­na­lis­ten zusam­men, die in frei­er oder ange­stell­ter Tätig­keit mehr oder weni­ger von eben die­sen Ver­le­gern finan­zi­ell abhän­gig sind.

Letzt­end­lich stel­len Pres­se­rat und Pres­se­ko­dex nur eine frei­wil­li­ge Selbst­kon­trol­le der Print­me­di­en in Deutsch­land dar, und so sieht es auch der Pres­se­rat sel­ber. Per­sön­lich habe ich die Erfah­rung gemacht, dass Beschwer­den, die sich auf Zif­fer 1 des Pres­se­ko­dex bezie­hen, vom Pres­se­rat mit dem Ver­weis auf die in Deutsch­land gel­ten­de Mei­nungs- und Pres­se­frei­heit ablehnt wer­den – auch wenn es sich bei einem bean­stan­de­ten Bei­trag nicht um einen Kom­men­tar, son­dern einen Infor­ma­ti­ons­text handelt.

Die Hintergrundinformationen im Detail

Fan­gen wir vor­ne an. Wie bereits beschrie­ben hat die LMU den Ver­fas­sungs­schutz offen­bar nicht gebe­ten, Pro­fes­sor Mey­en zu über­prü­fen, son­dern ange­fragt, ob gegen die Zei­tung Demo­kra­ti­scher Wider­stand ver­fas­sungs­recht­li­che Beden­ken bestehen. Bis­her ist jedoch noch nicht ein­mal klar, ob der seit drei Jah­ren publi­zie­ren­de Demo­kra­ti­sche Wider­stand über­haupt vom Ver­fas­sungs­schutz beob­ach­tet wird. Es exis­tie­ren höchs­ten Ver­mu­tun­gen. So weit, so schlecht. Denn für die zen­tra­le Nach­richt „Ver­fas­sungs­schutz prüft LMU-Pro­fes­sor“ in Guy­tons Bei­trag fehlt damit jeg­li­che fak­ti­sche Grundlage.

Die­sen Man­gel ver­sucht Guy­ton jedoch mit einer gan­zen Rei­he von „Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen“ wett zu machen, so dass der Ein­druck ent­steht, der Fall um Pro­fes­sor Mey­en sei längst klar und eine Bestä­ti­gung vom Ver­fas­sungs­schutz nur das Tüp­fel­chen auf dem i. Als Beleg für die­sen Tat­be­stand nennt er die Auf­fas­sung, wel­che der Demo­kra­ti­sche Wider­stand über den Krieg in der Ukrai­ne und die eta­blier­ten Medi­en in Deutsch­land ver­brei­tet. So trägt Guy­ton vor:

Den Angriffs­krieg auf die Ukrai­ne deu­tet das Blatt als Angriff des von den USA gesteu­er­ten Wes­tens auf Russ­land, den eta­blier­ten ‚Pro­pa­gan­da­blät­tern von taz bis Bild‘ wer­den alle­samt Mani­pu­la­ti­on und Lüge unterstellt.“

Als wei­te­ren Beleg für die Ver­fas­sungs­feind­lich­keit von Pro­fes­sor Mey­en zitiert Guy­ton einen sei­ner Stu­den­ten mit den Worten:

Ich und eine Rei­he wei­te­re Stu­die­ren­de emp­fan­den sei­ne Äuße­run­gen bezüg­lich Coro­na immer wie­der als ver­harm­lo­send. (…) Er mein­te, man sol­le das nicht so ernst neh­men und auch den Zah­len, etwa den Inzi­denz­wer­ten, nicht so trauen.“

Es fol­gen wei­te­re Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen, die den Fall was­ser­dicht machen sol­len. So soll ein ehe­ma­li­ger Stu­dent von Mey­en und Co-Autor einer sei­ner Publi­ka­tio­nen bereits ein­mal vom Ver­fas­sungs­schutz beob­ach­tet wor­den sein. Zudem soll Mey­en in sei­nem Blog die Begrif­fe „Coro­na-Hof­be­richt­erstat­tung“ und „Zen­sur­re­gime“ ver­wen­det haben. Anony­me Stim­men aus dem Insti­tut, an dem Mey­en ange­stellt ist, sol­len geäu­ßert haben, dass sie wütend und unglück­lich auf­grund der Äuße­run­gen ihres Kol­le­gen sei­en. Auch die Lei­te­rin der renom­mier­ten Deut­schen Jour­na­lis­ten­schu­le kann Mey­ens The­sen zum Jour­na­lis­mus „gar nichts abgewinnen“.

Damit soll­te der Fall eigent­lich klar sein, oder? Jedes ordent­li­che Gericht käme in Deutsch­land auf­grund die­ser erdrü­cken­den Bewei­se zu dem Urteil, dass Mey­ens Äuße­run­gen ver­fas­sungs­wid­rig sein müs­sen. Doch Guy­ton legt noch einen drauf. So habe Mey­en im Online-Maga­zin Mul­ti­po­lar 2021 geschrieben:

Jour­na­lis­mus und Poli­tik kön­nen inzwi­schen auf ein gan­zes Arse­nal an Waf­fen zurück­grei­fen, wenn ihr Wahr­heits­re­gime ange­grif­fen wird.“

Einer der Her­aus­ge­ber von Mul­ti­po­lar, Ste­fan Korinth, soll sogar einen Text in einem Buch über „medi­al-poli­ti­sche Het­ze gegen Russ­land“ ver­öf­fent­licht haben, in dem sich auch ein Bei­trag von dem Schwei­zer His­to­ri­ker und „Ver­schwö­rungs­er­zäh­ler“ Danie­le Gan­ser befin­det. Spä­tes­tens jetzt gibt es über­haupt kei­ne Zwei­fel mehr. Denn Gan­ser sei ja der Star eines „Sze­ne­sump­fes“, der auch für Nazis und Rechts­po­pu­lis­ten offen sei.

Doch Guy­ton tischt noch wei­te­re stich­hal­ti­ge Bewei­se auf. So soll sich Mey­en schon ein­mal von dem „abge­drif­te­ten“ ehe­ma­li­gen RBB-Mode­ra­tor Ken Jeb­sen inter­viewt haben las­sen, und Anselm Lenz, Her­aus­ge­ber vom Demo­kra­ti­schen Wider­stand, soll sogar von Jür­gen Elsäs­ser, Chef­re­dak­teur des „rechts­extre­men“ Maga­zins Com­pact, zum Som­mer­fest ein­ge­la­den wor­den sein. Und dann fal­len auch noch die Namen Björn Höcke und Sahra Wagen­knecht. Weil Elsäs­ser sie nach den Infor­ma­tio­nen Guy­tons auf eben­die­sem Som­mer­fest genannt haben soll.

Meinungs- und Pressefreiheit gilt nicht nur für die „richtige“, vermeintlich öffentliche Meinung

Lie­ber Herr Guy­ton, Sie besit­zen eine blü­hen­de Phan­ta­sie. Die sump­fi­ge Sze­ne, die Sie in Ihrem Bei­trag beschrei­ben, exis­tiert schlicht und ein­fach nicht. Ihr kon­stru­ier­ter Fall für den Ver­fas­sungs­schutz wür­de gut in einen dys­to­pi­schen Roman über einen Staat pas­sen, in dem die Mei­nungs­frei­heit abge­schafft wur­de. In dem Rechts­staat, in dem wir der­zeit leben, sind die Aus­sa­gen, die Sie Pro­fes­sor Mey­en und sei­nen direk­ten Kon­tak­ten „zur Last legen“, nicht nur alle­samt von der Mei­nungs- und Pres­se­frei­heit abge­deckt, sie sind noch nicht ein­mal im Ansatz ver­fas­sungs­wid­rig, rechts oder rechts­po­pu­lis­tisch. Was Sie in Ihrem Bei­trag betrei­ben, wen­det sich gegen die ethi­schen Grund­sät­ze, zu denen sich Ihre Her­aus­ge­ber ver­pflich­tet haben, und stellt auf­grund der von Ihnen ver­wen­de­ten belei­di­gen­den Begrif­fe den Anfangs­ver­dacht der straf­be­wehr­ten Ruf­schä­di­gung dar.

Auf die­sel­be Art und Wei­se, wie Sie die Ver­fas­sungs­wid­rig­keit der Aus­sa­gen Mey­ens kon­stru­ie­ren, könn­te man Ihnen ver­fas­sungs­wid­ri­ges Ver­hal­ten vor­wer­fen, weil Sie bei­spiels­wei­se in einem „rech­ten Sze­ne­sumpf“ publi­zie­ren. Bele­gen Sie doch bit­te ein­mal, dass die Medi­en, für die Sie tätig sind, nicht für Nazis und Rechts­po­pu­lis­ten offen sind. Kön­nen Sie nach­wei­sen, dass der Köl­ner Stadt­an­zei­ger oder die Lübe­cker Nach­rich­ten nicht von dem einen oder ande­ren Rechts­po­pu­lis­ten oder Nazi gele­sen wird, oder dass kei­ner der für die­se Medi­en täti­gen Redak­teu­re und Jour­na­lis­ten rechts wählt oder gar Mit­glied der Alter­na­ti­ve für Deutsch­land ist?

Genau­so wie Sie auf der Grund­la­ge der Mei­nungs- und Pres­se­frei­heit dem Demo­kra­ti­schen Wider­stand vor­wer­fen dür­fen, er sei „so etwas wie das Zen­tral­or­gan der Sze­ne aus Coro­na­leug­nern“, darf die­ser die taz als Pro­pa­gan­da­blatt bezeich­nen sowie ihr Mani­pu­la­ti­on und Lüge unter­stel­len. So ist das nun ein­mal mit der Pres­se­frei­heit. Sie ist eben nicht abhän­gig von der jewei­li­gen Mei­nung. Es wäre nur schön, wenn Sie oder Ihre Her­aus­ge­ber Ihre phan­ta­sie­vol­len Kon­struk­te, die ohne irgend­ei­nen stich­hal­ti­gen Beleg Ihre Mei­nung wider­spie­geln und im Grun­de eine unhalt­ba­re Ver­schwö­rungs­theo­rie dar­stel­len, als Kom­men­tar kenn­zeich­nen und nicht als Infor­ma­ti­ons­text auf­ma­chen würden.

Warum es eigentlich geht

Und genau da sind wir beim Punkt. Die öffent­li­che Mei­nung ist nicht etwa der Quer­schnitt der Mei­nun­gen oder die Mehr­heits­mei­nung aller Ein­woh­ner eines Lan­des, son­dern ein durch die Medi­en her­ge­stell­ter Kon­sens der Bevöl­ke­rung mit der vor­herr­schen­den Poli­tik ihrer Eli­ten. So jeden­falls sah es der renom­mier­te ame­ri­ka­ni­sche Jour­na­list und Publi­zist Wal­ter Lipp­mann bereits vor über 100 Jah­ren.

Die Her­stel­lung die­ses Kon­sen­ses erfolgt mit­hil­fe von Pro­pa­gan­da­tech­ni­ken, und eine wirk­sa­me Tech­nik ist die Tat­sa­chen­be­haup­tung. Mei­nun­gen wer­den ein­fach als Fak­ten dar­ge­stellt, um den Kon­sens der Medi­en­kon­su­men­ten mit der Regie­rungs­mei­nung her­zu­stel­len. Im Fall des Bei­trags von Patrick Guy­ton sol­len Per­so­nen, die regie­rungs­kri­ti­sche Mei­nun­gen ver­tre­ten, als Teil eines ver­fas­sungs­wid­ri­gen Sump­fes bezeich­net wer­den, der für Nazis und Rechts­po­pu­lis­ten offen ist – die­sen also nahe­ste­hen. Wer also nicht regie­rungs­kon­form ist, bewegt sich auto­ma­tisch außer­halb des gesell­schafts­fä­hi­gen Meinungsspektrums.

Mit der stän­di­gen Wie­der­ho­lung der Tat­sa­chen­be­haup­tung ver­fes­tigt sich die Vor­stel­lung in den Köp­fen der Medi­en­kon­su­men­ten, dass die­se fak­tisch belegt sei, obwohl bei einer nähe­ren Ana­ly­se sofort deut­lich wird, wie weit die ver­meint­li­chen Tat­sa­chen her­ge­holt und wie schwach kon­stru­iert sie sind. Im Grun­de kri­ti­siert Micha­el Mey­en in sei­nen Bei­trä­gen genau die­se Mani­pu­la­ti­on der öffent­li­chen Mei­nung durch die eta­blier­ten Medi­en. Das ist im ori­gi­nä­ren Sin­ne sys­tem­kri­tisch, jedoch weder ver­fas­sungs­wid­rig, rechts oder rechtspopulistisch.

Pro­ble­ma­tisch wird es für die taz und ande­re bis­lang ein­fluss­rei­che Medi­en, wenn deren zah­len­den Nut­zern die Mani­pu­la­ti­on gewahr wird. Die Auf­la­gen- und Abon­nen­ten­zah­len der taz sind seit Jah­ren rück­läu­fig. Ähn­lich geht es vie­len loka­len Tages­zei­tun­gen wie denen der Madsack Medi­en­grup­pe. Die Auf­la­gen der Zei­tun­gen, an denen die Ver­lags­ge­sell­schaft betei­ligt ist, gehen in den letz­ten Jah­ren rapi­de zurück.

Ist ist offen­sicht­lich, dass den Medi­en­kon­su­men­ten auf­grund eines alter­na­ti­ven, qua­li­ta­tiv hoch­wer­ti­ge­ren und rein durch die Nut­zer finan­zier­ten Ange­bots, vor­ran­gig im Inter­net, gewahr wird, dass sie ihren gewohn­ten Infor­ma­ti­ons­quel­len nicht mehr trau­en kön­nen. Da hel­fen auch Ratio­na­li­sie­rungs­maß­nah­men wie die Streu­ung von Guy­tons Bei­trag über das rnd nicht, die­sen Trend auf­zu­hal­ten. Im Gegen­teil, die sin­ken­den Ver­kaufs­zah­len gehen ein­her mit einer nach­las­sen­den Qua­li­tät der Bei­trä­ge und einer immer offe­ner zu Tage tre­ten­den Mani­pu­la­ti­on der öffent­li­chen Mei­nung. Der Arti­kel von Patrick Guy­ton stellt in die­ser Hin­sicht kei­ne Aus­nah­me dar.

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